Dr. Achim Heinze


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Schweizer Alpenbrevet 8.8.2009

Wettkampfberichte > 2009

Schweizer Alpenbrevet

276 km / 7030 Höhenmeter

8.8.2009


Über acht Stunden Anfahrt mit zahlreichen Staus erforderten bereits am Vortag eine gewisse Opferbereitschaft: Ein schöner Sommertag mit über 30° im Auto war der Preis. Weniger einladend präsentierte sich bei der Ankunft der Startort Meiringen. Kaum war das Zelt in der feuchten Campingwiese aufgebaut, ging der erste Gewitterschauer nieder. Doch es blieb zum Glück angenehm warm.
Die Prognosen für den Renntag waren nicht gut. Regen sollte der stetig uns im nacken sitzende Begleiter werden.


Am Start um 6.45 Uhr ist es einfach, sich weit vorne zu platzieren. Je weiter man nach hinten blickte, um so enger wurde es dort. Der Grund: Nettozeit entscheidet. Mir ist´s egal, ich stelle mich ganz vorne hin und überfahre als einer der ersten die Zeitnehmungsmatten. So weit vorn darf man als Belohnung auch gleich führen. Ein Teilnehmer aus Italien, den ich schon einmal irgendwo bei einem Radmarathon gesehen hatte, übernimmt sogleich. Auch recht!


Kaum geht es den Grimselpass (2165 m) hoch, forciere ich das Tempo. Eine weitere sanfte Attacke, damit zunächst mögichst viele mitgehen, um dann abreißen lassen zu müssen, starte ich etwas weiter oberhalb. In einer 30-Mann-Gruppe möchte ich nicht in die Abfahrt gehen. Bis dahin ist es aber noch weit. In Simon Ruff, der selbstlos den halben Pass führt, und zwei weiteren Teilnehmern finde ich die ersehnten Fluchtgefährten.


Auf der Passhöhe erhalte ich zwei Trinkflaschen von Christian Bauer, der zum Fotografieren extra aus Simbach mitgekommen ist. Nach der ersten Streckenteilung bemerke ich, dass ich als Einziger aus der Fluchtgruppe die überlange Platin-Tour (5 Pässe) absolviere. So halte ich mich auf der Abfahrt in dichtem Nebel etwas zurück. Der spätere Gewinner Jens Brockmann schließt zu mir auf.


Auf der Auffahrt zum Nufenenpass (2470 m) springt die Kette meines Fahrrades ab. Wieder an den Führenden haranzufahren, versuche ich erst gar nicht. Hinter mir nähert sich eine Dreiergruppe um den Vorjahresschnellsten Harry Nussbaumer. Wenn wir zu viert in die lange Abfahrt bzw. gerade nach Bisaca gehen, dürften wir Jens Brockmann doch wieder einholen. Doch da hatte ich mich getäuscht: Er fährt fast 200 Kilometer allein und hat sich damit den Sieg mit Streckenrekord redlich verdient - eine ganz außerordentliche Leistung! Gratulation!


Zu Beginn des Anstiegs auf den Lukmanierpass (1915 m) wird uns vom Führungsfahrzeug aus mitgeteilt, dass der Führende sechs Minuten voraus sei. Wir zucken alle zusammen. Grund ist aber weniger der respektable Vorsprung, sondern vielmehr die sehr laut eingestellte Sprechanlage auf dem Veranstalterwagen. Zuvor gab es bereits zwei weitere Schrecksekunden. Zum Einen lag hinter Airolo ein Plastikkanister auf der Fahrbahn, welchem ich gerade noch ausweichen konnte. Die zweite Gefahr für uns Radfahrer auf einer Abfahrt war ein Hausschwein (!), welches rechts auf der Straße stand.
Im weiteren Weg der knapp 1700 Höhenmeter nach oben auf den Lucomagna beginnt schließlich unser "Dismissed-" bzw. "Du bist raus" - Spiel oder wie immer man es nennen mag. Nach dem Zurückfallen von Sascha Ritschard sind es es noch drei Anwärter auf Rang 2.


Der Oberalppass (2044 m) fordert mit Harry Nussbaumer fast ein weiteres Opfer, doch es waren nur wenige 1oo Meter, so dass Markus Schibli und ich kurz warten. Ob dies überhaupt notwendig gewesen wäre ist fraglich, da es sich beim Vorjahresschnellsten mit Sicherheit um einen der besten Abfahrer handelt.


Die letzte Kletterpartie auf den Sustenpass (2224 m) erlebt wie geplant meine Attacke, wenn ich mich auch schon mal frischer gefühlt habe. Gleich zu Beginn nach den Tunnels trete ich im Sitzen an und bin weg. Wie groß der Vorsprung nach langer Auffahrt auf der Passhöhe tatsächlich ist, weiß ich nicht. Der Betreuer des späteren Viertplatzierten stoppt dort oben jedenfalls meine Zeit. An der Verpflegungsstelle herrscht großes Gedränge. Teilnehmer der "kürzeren" Touren treffen hier am Sustenpass mit uns Langfahrern zusammen. Ausnahmslos ziehen diese sich Regenjacken und Beinlinge an. Würde ich auch machen, doch die Zeit drängt. Sogar auf die Weste verzichte ich, Armlinge und Trikot müssen reichen. Im Ziel gibt´s bald einen Schluck heiße Suppe, das ist mehr wert!


Gegen Ende der Abfahrt kommt Harry Nussbaumer nochmals an mich heran. Im Nebel und auf feuchtem Untergrund habe ich nicht alles riskiert, bin aber durchaus flott durch die Kurven gezogen. Gemeinsam überqueren wir die ziellinie, was für ihn Rang 2 und für mich Rang 3 bedeutet, da ich vor ihm über die Startmatte gefahren bin. Egal, Hauptsache gesund und mit einer um 16 min gegenüber 2008 verbesserten Zeit im Ziel. Auch die beiden aus der Gruppe "gefallenen" Rennradler schlagen sich achtbar und kommen nur wenig später ebenfalls mit einer ausgezeichneten Gesamtzeit ins Ziel.


Den Oberalbpass werde ich in weniger als 14 Tagen bei der Tortour hoffentlich in alter Frische wiedersehen.

Fotos: Christian Bauer, Alphatoto.com

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