Dr. Achim Heinze


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Glocknerman Ultra Weltmeisterschaft 7.-9.6.2007

Wettkampfberichte > 2007

ULTRARADMARATHON - WELTMEISTERSCHAFT (Glocknerman Ultra)

1010 Kilometer, 15750 Höhenmeter nonstop

7.-9.6.2007 in Graz


Mit insgesamt 3 Starts kam beim Glocknerman 2007 fast schon italienisches Flair auf - einziger Unterschied: Nach Vorstart in Graz (11.00 Uhr > 15 km neutralisiert), Hauptstart beim SFZ (12.00 > 20 km neutralisiert) und echtem Start (Waldschach 12.45) gings nicht direkt zur Marathon-Siegerehrung. Nein, nun musste wirklich Rad gefahren werden - und wie!! Die geschätzten 500 HM in wirrem Auf und Ab nach Kitzeck wurde voll attackiert. Piepsende Pulsmesser und knarzende Lager! Ob es schon ein Fehler war, nicht um jeden Preis an den 11 ersten Fahrern dranzubleiben und mich an Rainer Popp zu halten, dessen 2005er Zeit als Richtschnur galt, ist nachher immer einfach zu beurteilen. Mit meiner fehlenden Erfahrung, war die Entscheidung, mit der gut harmonierenden 4er-Gruppe aus genanntem Fahrer, dem Fahrer aus Mittersill und dem "Kölner" zu arbeiten, richtig.

Der zweite Anstieg, die gefürchtete Soboth nach 80 km war nur deshalb unangenehm, weil uns vor der Auffahrt ein Platzregen durchnässte und man auf den Zwischengefällstücken fror. Folge war eine Erkältung, die mir am zweiten Abend Probleme machen sollte. Oben konnte ich mich umziehen, immer lauernd, damit ja keiner wegfuhr. Dies passierte nach 150 Kilometern auf dem Schaidasattel. Mit etwas mehr Tempo in der holprigen Abfahrt konnte ich die Gruppe aber wieder erreichen.

Allen zukünftigen Teilnehmern möchte ich dazu mitteilen, dass man die Windschattengruppe keinesfalls als Konkurrenten sieht, sondern hofft, dass diese so lange wie möglich Bestand hat. Um es vorweg zu nehmen: Über Ferlach, St. Jakob, Villach, Spittal, Möllbrücke und Obervellach kamen wir gemeinsam in Winklern am Großglockner an. Die letzte Auffahrt bis der Etappenort Winklern auftauchte, zog sich allerdings nochmals ziemlich lang.

In Winklern (314 km/ 4431 HM) angekommen, fuhr ich nach ewigem, sinnlosem Warten auf die bisherigen Mitfahrer (neben laufenden Automotoren) wenigstens mit Rainer Popp um 24.00 `gen Iselsberg. Mittlerweile war Michael Richter auch wieder bei uns. Mit ihm gemeinsam fuhr ich durch Lienz bis er Pause machte. Zuvor wunderten wir uns noch über Johnny Kämpfe und seinen Mitstreiter, die den Iselsberg verkehrt herum fuhren.

Inzwischen durften sich die Betreuer des ersten Abschnitts Olli und Kiki ins Hotel legen. Andi musste nochmals ins Auto und mit Waltraud und Chris die Nacht durchbetreuen. Für Stephan, der schon in den Startlöchern stand, sicher nicht einfach. Zudem hatte er wohlweißlich schon nachmittags vorgeschlafen. Er kam dann tags darauf aber auf gleicher Strecke zum Einsatz! Zurück zum Geschehen: Der Blick auf das beleuchtete Lienz vom Iselsberg war ein optisches Highlight, hinauf nach Felbertauern genoss ich die Alleinfahrt weit vor dem Auto ohne Verkehr, ohne Straßenbeleuchtung und ohne Radgruppe. Gerne hätte ich in dieser naturnahen Stille Rast gemacht.

Als ich vor Huben kurz anhielt, schoss "der Kölner" samt Wohnmobil vorbei. (Ich wusste von den verteilten Spitznamen seitens meines Begleitteams nichts und wunderte mich immer, wenn sie vom Memminger oder dem, mit den langen Haaren sprachen. Lustigerweise hatte der vermeintliche Bombenleger nur ein Tuch umgebunden! Von all den Gerüchten, wer wo liegt, wer bereits aufgegeben hat, bekam ich wenig mit.) Die Solofahrt ging weiter über Felbertauern (ohne Regen!), Mittersill (sehr ruhig!) und Zell am See (die ersten volltrunkenen Zuschauer!!) zur Großglockner Hochalpenstraße. Um 5.00 morgens organisierte Chris bei der Auffahrt zum Glockner 1 Packung Kamillentee, indem er in Hausdurchsuchungsmanier in eine Ferienwohnung "eindrang". Sein diplomatisches Geschick half ihm ohne dienstliche Konsequenzen (und mir) auch aus dieser Situation.

Die Fahrt Richtung Fuscher Törl war langsam, aber nicht anstrengend. Die Nachdem ich bei der Auffahrt zwei tschechische Fahrer im Schlafsack heimtückisch überholt hatte, kam ich direkt hinter "dem Kölner" nach der Hälfte des Rennens als 7. ins Hotel (500km/8200 HM). Auf dem Weg zum Zimmer entgegnete er auf meine Frage, ob er auch eine Stunde pausieren würde, etwa sinngemäß "vielleicht auch viel länger". Ich verstand diese Aussage nicht ganz. Wollte er aufgeben? Er fuhr doch immer ziemlich schnell und setzte sich am Hochtor nochmals von mir ab. Später stellte sich heraus, dass neben ihm auch Rainer Popp und "der Mittersiller" aufgegeben hatten. Im letzten Fall hieß es im Hotel noch "Der fährt auf jeden Fall durch, weil er in Mittersill wohnt". Erwähnen sollte man noch die Straßenteerung bei der ersten Glocknerabfahrt, welche mich zusätzlich 100 Euro "Teerentfernung" vom Mietauto kostete!

Meine einstündige Pause im Hotel in winklern war überflüssig. Mir war das alles viel zu hektisch. Teilweise waren wir zu siebt im Hotelzimmer. Kiki doktorte an mir rum, Andi massierte die ungewaschenen Eisfüße, Waltraud fütterte mich mich Joghurt. Chris und Stephan kümmerten sich um Rad und Auto, Olli fotofierte (übrigens 700 (!) hervorragende Pictures!). Und ich kommandierte vom Bett aus, welcher Apfel wo liegt. Den einkaufenden Betreuern muss ich übrigens sehr große Weitsicht attestieren. Nie blieb einer meiner Wünsche unerfüllt. Bei Chris kann man sich sowieso nur über sein hellseherisches Talent wundern. Überflüssig zu erwähnen, dass ich von den noch vor kurzem gepriesenen 30 Enervit-Riegeln nur einen halben schälte. Der Rest liegt derzeit bei mir zur Abholung bereit!

Weiter gings schlecht erholt bei übelstem Verkehr nach, durch und "hinter" Lienz mit seinen touristisch attraktiven Ampelanlagen zum zweiten Mal zu meinem persönlichen "Nichtsteirer des Tages", dem immer freundlich lächelnden und Radfahrern wohl gesonnenen Mautkassier des Felbertauern Südportals. Für Typen wie den könnte man sich a la Armstrong eine Unwanted-Liste doch noch mal überlegen... Wie heißt es im Englischen so schön? "Not even the time to say fuck you..." (Spätestens hier sollte man mal zur Videoseite rüberwechseln >>> Video Nr. 3). Es gab aber auch angenehme Begegnungen: Kurz nach Lienz überholte uns ein wild hupendes Auto. Der Fahrer stieg aus, riss sich die Kleider vom Leib und feuerte uns enthusiastisch in Unter- (Bade-?)hose an.

Die Abfahrt vom Felbertauern-Nordportal durfte ich im Regen absolvieren. Trotzdem waren die 80 km/h bei Nässe längst nicht so gefährlich wie die Auffahrt mit 12-14 km/h und sehr hohem Verkehrsaufkommen. Bei Zell am See gabs dann erstmals Sommerwetter und wieder viel Verkehr, aber Olli schirmte mich als Langstrecken erfahrener Pilot auch hier gut ab. Danke! Bei der 2. Auffahrt zum Großglockner in der Nachmittagshitze war ich doch froh, bei der Fahrerbesprechung so mutig gewesen zu sein, zu fragen, ob man hier den Helm abnehmen dürfe. Man durfte!! Man merkt eben, dass der Veranstalter auch selbst mitfährt! So viel Kenntnis würde man sich öfter wünschen! Legale Abkühlung gabs erst bei der Hexenküche auf 2200 Metern Höhe durch Regen und eisigen Wind. Hier wurden Stephan, Kiki und Olli nochmals ordentlich gestresst. Schutzblech rauf, Schutzblech runter...

Der Weg zum Hochtor ging langsam vor sich, wobei ich mich dennoch stets gut fühlte. Allein die Schmerzen im rechten Knie verhinderten ein Fahren im Wiegetritt. Schuld war vermutlich die neue, nicht exakt wie zuvor montierte Schuhplatte bei geringerem Spielraum (Look: grau statt rot > Riesenfehler!!). Die Abfahrt vom Glockner mochte ich noch nie, gleiches gilt für die Fahrt über Sagritz,... Zum Glück traf ich nach fast 500 Kilometern Solofahrt wieder auf Martin Kerekes und Michael Richter. Das `Duell zu Dritt` auf die Windische Höhe (Gesamt: 750km/11000HM) entschädigte meine Begleitcrew hoffentlich. Mittlerweile waren wir mit 2 Autos unterwegs. Im offiziellen Begleitfahrzeug saßen turnusmäßig Olli, Kiki und Stephan; Waltraud, Chris und Andi fuhren mit meinem Opel mit extra ausgebauter Klimaanlage** immer eine halbe Stunde voraus und ab Villach nach Hause. Danke nochmals für die großartige Unterstützung!

Der Abschnitt von Arnoldstein bis Lavamünd (!!) war ein einziges Trauerspiel. Keiner wollte führen. Die Tatsache, dass Michael und ich vergeblich versuchten, bei Dämmerung wegzukommen, führte wenigstens dazu, dass Martin und Simone (ein ital. Fahrer) auf den letzten 10 von 100 "gemeinsamen" Kilometern vor der Soboth führten. Die Abtei als Minipass half wenigstens dabei, die Kälte der vergangenen 2. Nacht aus dem Körper zu fahren. Der Sonnenaufgang im Nebel war jedenfalls ein Hingucker. Ein Weggucker hingegen war mittlerweile mein Outfit: Soboth und Kitzeck bin ich bei 30° Grad Hitze mit 2 Radhosen, 2 Trikots, Unterhemd und Überschuhen rauf, was ich seit dem Glockner trug. Auch die Regenjackenaktionen am 1. Tag waren nicht gerade glücklich. Jedesmal wenn ich sie anzog, kam die Sonne raus! Aber das kennt man schon...

Vielleicht lag es am vorherigen Bummeltempo, dass die so gefürchtete Soboth trotz "Zimmern-Outfit" richtig Spaß machte. 90 km vor dem Ziel lief es gut wie seit 20 Stunden nicht mehr! Die Abfahrt mit fast 100 km/h am Samstagmorgen vertrieb jeden Rest von Schlaf. Der Schlafentzug von Donnerstag 7.00 bis Samstag 15.00 (eigentlich Sonntag 1:00 nachts, denn bei über 30° und anstehender Sonne im Hotelzimmer nach Rennende wurde nur gedöst) war kein Problem.

Zurück zur Strecke: letztes Problem(chen) war noch das steile Kitzeck 40km vor dem Ziel. Zusammen mit Michael (er im Stehen/ich im Sitzen) konnte ich bei fast 30° endlich zu erwünschter Betriebstemperatur hochschalten. Was gibt es schöneres als Schwitzen und gleichzeitig genügend geeignete Getränke gereicht zu erhalten? Einiges, stimmt! Aber nach fast 1000 Kilometer konnten mein Team (geschrumpft auf Kiki, Andi und Olli) und ich den letzten Abschnitt genießen!

Letzte Aktion: Bei Kilometer 1005 kamen zwei Samstagsvormittagsradler mit Discovery- bzw. gelbem Trikot und arbeitenden Schultern von hinten: Mit den Worten "Hopp auf , gemma, Buam!", wollten sie uns herausfordern. Wir ignorierten diese Offerte und mussten am Wundschuhberg sogar rausnehmen, sonst hätten die noch gedacht, dass wir uns mit ihnen duellieren!

Nach 47.48.h im Ziel, nichts wie raus aus den Schuhen! Gab gleich einen ordentlichen Fußsohlenburner auf dem "kochenden" Asphalt. Hier kamen die Betreuer zum letzten mal zum Einsatz: Ein zum Schuhwerk umfunktionierter Pizzakarton (siehe Foto auf der Startseite) war die letzte knifflige Aufgabe nach 2 Tagen und Nächten Tagesmutter, Krankenpfleger usw. für meine fürsorglichen Betreuer.



Abschließende Gedanken danach:

Mein Höhepunkt 2007! Nie hatte ich einen Einbruch, auch keine Krise. Meine Begleiter werden jetzt anführen, dass ich nach 720 km wegen Halsschmerzen, Gegenwind und fehlender Aussicht auf Windschattengruppe(n) gejammert habe. Meinetwegen, dann bin ich eben beim nächsten mal aggressiv. Hauptsache nicht apathisch! Ich muss auch einräumen, dass ich beim Alleinfahren mit einem Puls unter 100 rumgegurkt bin - im "Training" mach ich das auch viel zu oft.

Beim Glocknerman erlebt man viel mehr als bei kurzen Wettbewerben, die 2 Tage fühlen sich an wie eine Woche. Für viele Passanten wirkten wir wie Menschen von einem anderen Stern. Die Begegnungen in Kreuzen ("Wo fahrt´s denn ihr jetzt hin? Aber net auf´d Windische?" "Nach Graz!"), Lienz (s.oben) oder Spittal (Mit 45 km/h durch den Ort vorbei an Bosna kauenden Nachtschwärmern) sind bleibende Erinnerungen, von welchen ich noch im Altenheim zehren werde. Man hat auch als über 30-jähriger wieder mal etwas zum Verarbeiten. Das Team freut sich, bei etwas Besonderem dabei gewesen zu sein; als Fahrer selbst erreicht man sein Ziel, Training und Vorbereitung haben sich gelohnt! Dies ist keinesfalls selbstverständlich. Wer nur trainiert, um am Wettkampf teilzunehmen, läuft Gefahr, dass im Falle des Scheiterns mindestens ein halbes Jahr Lebenszeit weg ist. Empfehlung: Training genießen, Strecken variieren, bei Dunkelheit fahren, Neues entdecken,...

Was ich nun anders machen würde, wo wurde Zeit liegen gelassen? Keine Pause, nur weil dort z.B. ein strategischer Punkt ist (500km), sondern nach Bedarf. Wenn eine Gruppe nicht funktioniert, wegfahren und versuchen, einen davon mitzunehmen. Natürlich nie wieder verfahren (Zeitgutschrift gabs nicht, stattdessen einen Reisgutschein); mir endlich eine lange Radjacke kaufen. Allein nicht mehr so rumbummeln, dazu kurzfristige Ziele setzen (bis Obervellach mit 35 km/h,...).


**wenn ich etwas nicht brauchen kann, dann sind das immer noch eisgekühlte Getränke, Klimaanlagen und dgl.



Hier geht´s zur Veranstaltung Glocknerman: http://www.glocknerman.at

Die offizielle DVD gibt´s bei http://www.jokra-vision.com

Vielen dank nochmals an alle 6 Betreuer. Waltraud für die einfühlsame und rücksichtsvolle Betreuung (Videobeweis); Chris, selbst Double-Iron-Finisher, dafür dass er u.a. eigene Ambitionen und Training opferte; Andi, dem emotionalen Mitfahrer; Olli, der sich in loyaler Bikermanier jederzeit voll das Team und unser Vorhaben einsetzte; Stephan, danke für dein Verständnis, als Andi die erste Runde mitfahren sollte; Ralf, für das Opfern seines kargen Arzturlaubes!

Fotos: Andi, Chris, Kiki, Oli, Stephanus Waltraud

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